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BergwaldprojektWoche – Fichtelberg (Aug. 2021)

Einfach hart abschalten in nur einer Woche – mit dem Bergwaldprojekt –

In der letzten Woche hab ich zum ersten Mal am Bergwaldprojekt (https://www.bergwaldprojekt.de/) teilgenommen und habe eine Woche lang im Fichtelgebirge zusammen mit einer Gruppe von 18 gut gelaunten, sehr motivierten und engagierten Leuten im Wald, dem Moor und dem Weißen Main gearbeitet.

Das Forsthaus Neuhaus bei Sophiental war unsere Basisstation. Dort hat uns Tobby, die Bergwaldprojektköchin, meisterhaft vegetarisch bekocht.

Jeder brachte sein eigenes Zelt mit, dass wir oberhalb des Forsthauses auf einer riesen grossen Wiese aufstellen konnten. Es gab keinen Strom und fliessendes Wasser kam aus direkt aus dem Brunnen am Wegesrand, der gleichzeitig den Kühlschrank darstellte.

Das moderne Plumpsklo, die Feuerstelle und eine Hängematte perfektionierten die Camp-Infrastruktur. Ausserdem gab es noch ein grosses Gemeinschaftszelt, in dem wir anfangs Frühstück und Abendessen zu uns nahmen, aber später einfach die Tische und Bänke ins freie trugen um dort bei traumhaft schönem Sommerwetter das gemeinsame Essen zu genießen.

Wir hatten riesiges Glück mit dem Wetter, denn die Wochen vorher und nachher waren eher regnerisch und kalt und unsere Projektwoche war die einzige Bilderbuch-Sommerwoche weit und breit.


Was haben wir fünf Tage lang gemacht?

Am ersten Tag sind wir mit unseren zwei VW-Bussen und jeweils 9 Leuten zu einer ehemaligen Stromtrasse gefahren, die als besonders wertvolles Biotop freigehalten werden soll. Hier müssen regelmässig junge Triebe von alten Fichten, Faulbäume und alles mögliche Gehölz entfernt werden, damit die Fläche sich nicht wieder in Wald verwandelt.

Von der Mitte des Berghangs hat sich ein Team nach oben gearbeitet und das zweite Team bearbeitete den unteren Teil bis zur Strasse.

Mittags trafen wir uns wieder auf der Forststrasse, wo eine kleine Kochcrew auf zwei großen Hobokochern die mitgebrachte Suppe auf offenem Feuer erwärmt hatte.

Nach einem kleinen Nickerchen auf dem Weg gings wieder an die Arbeit bis ca. 16:30 Uhr. Nach jedem Arbeitstag hielten wir auf dem Weg zurück zum Camp an einer Badestelle, um ein wenig Erfrischung zu geniessen und zumindest grob den Dreck des Tages abzuwaschen. Am ersten Tag und den beiden letzten Tagen war unser Ziel der Wurzbachweiher, der enormes Erfrischungspotential hatte (in anderen Worten: das Wasser war saukalt!) Es kostete mich einiges an Überwindung, aber hinterher fühlte ich mich wie neugeboren 🙂


Am zweiten Tag sind die beiden Busse zu unterschiedlichen Einsatzorten gefahren. Meine Gruppe fuhr zu einer Stelle im Wald in der Nähe von Warmensteinach, wo sich der japanische Staudenknöterich auszubreiten versucht. Mit Sensen und blossen Händen sind wir den Pflanzen zu Leibe gerückt und haben ihn an zwei Stellen so gut wie möglich ausgemerzt. Wohlwissend, dass er im nächsten Jahr wieder auftreten wird, da es sich dabei um einen Rhizom-Geophyt handelt, der seine gesamtes Wuchspotential im Rhizom unter der Erde verwahrt. D.h. es ist super wichtig den unterirdischen Teil zu entfernen, um die Ausbreitung dieses invasiven Neophyt wirksam einzudämmen.

Nach der Frühstückpause sind wir dann zur nächsten Einsatzstelle, nämlich der Moorfläche neben dem Seehaus Parkplatz an der B303 gefahren worden.

Dort hiess es Gummistiefel an! Aehm … tatsächlich hatte ich das mit den Gummistiefeln auf der Packliste nicht ganz ernst genommen und hatte stattdessen ein paar Halbschuhe dabei. Ein Schritt auf der Moorfläche und ich stand knöcheltief im leicht moorig riechenden Wasser. Lecker!

Dort war die Aufgabe, die Bäume, welche versuchten die Fläche für sich zu gewinnen, zu entfernen und im Wald am Rand zu deponieren. Wir haben Fichte, Birke und noch eine Baumart, deren Namen ich nicht mehr erinnere, entfernt. Fichtenstämme wurden entastet und für Wegeausbesserungsarbeiten beiseite gelegt.

Diese Location sollte sich als mein Lieblingseinsatzort herausstellen, denn ich konnte jederzeit mein mitgebrachtes Kaffeetässchen (aka 500ml Titankochtopf) im Imbiss mit Kaffee auffüllen lassen.

Für das anschliessende Reinigungsbad fuhren wir diesmal an den Fichtelsee. Das Wasser dort war arg braun und hinterliess eine etwas schleimige Schicht auf der Haut.


Auch am dritten Tag sollten Gummistiefel getragen werden, denn es ging in mehreren kleinen Teams bei Glasermühle an den Weissen Main. Dort wurden wir von Florian, einem Förster im Praktikumsjahr in Empfang genommen und nach einer kleinen Besichtigungstour der Rettungspunkte der Umgebung, in unsere Aufgabe eingewiesen. Mit Müllsäcken und Eimern gingen wir also munter ins Wasser, um im Weissen Main und am Ufer nach Müll aller Art zu suchen und zu sammeln. Es kam einiges an Glasflaschen, Plastikmüll, Bauschutt, Kleidungsstücken, Bierdosen usw. zusammen, aber auch eher skurile Dinge wie Sofas, Autositze, Autoreifen usw. konnten geborgen werden.

Nach der Mittagspause wurde ein Teil des Teams abgeordnet um mit Florian die Sachalin-Staudenknöterichbekämpfung aufzunehmen. Dieser Gruppe schloss ich mich an, weil ich mir am Vormittag eine kleine Verletzung am Bein eingefangen hatte und nicht noch den Rest des Tages im Wasser herumlaufen wollte.

Florian hat uns nochmals eindringlich auf die Entfernung des Rhizoms hingewiesen und so gingen wir noch gründlicher als am Vortag bei unserer Arbeit vor.

Im Anschluss fuhren wir zum Moorbad in Fleckl. Dort konnte man sich kalt und ohne Shampoo duschen, was schon als kleiner Schritt in Richtung Luxusleben angesehen werden konnte.

In dieser Nacht sollte ein Perseiden Strom auftreten und ich nutzte die einmalige Gelegenheit, in dieser nur wenig lichtverschmutzten Gegend auf einer Plane mein Nachtlager einzurichten. Dadurch konnte 12 Sternschnuppen beobachten, bevor mir die Augen zufielen.


Am vierten Tag vormittags hatte ich nochmal Gelegenheit dem japanischen Staudenkönterich auf die Pelle zu rücken. Diesmal hatten wir eine wahnsinnig grosse Fläche zu bearbeiten, die vom Radweg ausgehend, den Abhang hinunter und sich auch noch in der horizonalen Fläche ausgebreitet hatte. Wieder waren wir mit Wiedehopfhacken bewaffnet und arbeiteten wie Besessene bis zur Mittagspause.

Ich hatte das große Glück einen Feuersalamander zu sehen und fotografieren zu können.

Im Anschluss trafen wir am Parkplatz der B303 wieder auf die anderen Gruppen und konnten uns nach der Mittagspause entweder dem Team “Moorfreisetzung” oder dem Team “Wegeausbesserung” anschliessen.

Unser Badeziel diesmal war wieder der eiskalte Wurzbachweiher, den wir nun schon mit einer gewissen Routine in Beschlag nahmen.


Am letzten Arbeitstag machten wir zuerst noch einmal einen Abstecher zum Aussichtspunkt “Zainhammerhügel Zwei Täler Blick” um ein besonderes unschönes Waldbild am Hang gegenüber zu sehen.

Danach haben sich wieder verschiedene Gruppen gebildet, um die angefangenen Arbeit abzuschliessen. Ich war in der Weisse Main Müllbefreiungsgruppe und lief mit Vincent, der auch keine Gummistiefel hatte, am Ufer und am Radweg entlang und wir konnten ein Teil eines Sofas, neben dem anderen üblichen Krempel, bergen.

Üblicherweise ist der letzte Tag nur ein halber Arbeitstag. Danach erfolgt immer eine geführte Exkursion durch das Projektgebiet mit einem kundigen Vertreter (Servicestellenleiter Florian) des Auftraggebers (Bayerische Staatsforsten).

Florian hat uns in ca. drei Stunden sehr viel Interessantes aus dem Spannungsfeld von Waldbewirtschaftung, Erholung und Natur- und Artenschutz vermittelt, während unseres Querwaldeinspaziergangs.

Hier seien nur ein paar Stichpunkte genannt:

  • Markierungen an Bäumen (Z-Bäume, Baumgruppen, Rückegassen)
  • Befahrung von Rückegassen, Armierung von Rückegassen
  • Harvester, Prozessor, Forwarder und Einsatz von Rückepferden
  • Abtransport ins Sägewerk
  • blaue Verfärbung von gefälltem Holz (Bläue)
  • Unterschiedliche Holzqualitäten und die jeweilige Verwendung
  • Organisation, Beauftragung und Einsatzplanung von Fremdfirmen zur Waldbewirtschaftung
  • Jagd
  • Bayerische Kompensationsverordnung und Ökokonto
  • uvm.

Am Abend des letzten Tages mussten alle Werkzeuge gereinigt und geölt werden und dann lud Florian zum grossen Abschluss – Essen zu Wildburger aus der Region ein. Wir machten noch eine kleine Abschlussrunde und saßen dann bis in die Puppen am Lagerfeuer.



Fazit:

Es hat sich mega gelohnt, diese Woche mitzumachen auch wenn’s nach Arbeit klingt 😉

Ich konnte eine Woche lang total abschalten. Habe keine Nachrichten mitbekommen, kein Instagram Informations Flut, kein Youtube – Abo-Gebimmel, kein Radio Gedudel und hab das auch kein bisserl vermisst!

Stattdessen gabs Bewegung an frischer Luft, Einschlafen mit dem nie endenen Grillenkonzert, Hand-in-Hand arbeiten mit super netten, engagierten Menschen, traumhaftem Wetter und jeder Menge Sternschnuppen!

Jetzt geh ich gleich mal auf die Bergwaldprojektseite und suche das nächste Projekt 🙂


siehe auch den BlogPost der Bayerischen Staatsforsten: https://www.baysf.de/de/medienraum/pressemitteilungen/nachricht/detail/schmutzige-haende-fuer-wasseramsel-und-edelkrebs-forstbetrieb-fichtelberg-saeubert-mit-dem-bergwaldprojekt-den-weissen-main.html